Kampfmittelsondierung? Kein Randthema für Architekten!
| Dr. Wolfgang Schindler (FA für Bau- und Architektenrecht) | News
OLG Hamm, Urteil vom 18.05.2021 – 24 U 48/20
Sachverhalt: Ein Architekt (AN) wird mit der Planung einer Studentenwohnanlage beauftragt. Die Baugenehmigung wird ohne Auflagen erteilt. Das vom Bauherrn (AG) eingeholte Baugrundgutachten enthält keine Hinweise auf Kampfmittel. Erst nach Fertigstellung der Anlage beanstandet die örtliche Feuerwehr, dass im Planungsprozess keine Luftbildauswertung zur Erkennung möglicher Kampfmittelverdachtspunkte erfolgt sei. Die nachträgliche Bodensondierung verursacht erhebliche Mehrkosten, die der AG vom Architekten ersetzt verlangt.
Urteil:
Zu Recht! Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung ist der AN verpflichtet, potenzielle Kampfmittelrisiken im Rahmen seiner Planungsleistung zu berücksichtigen. Die Prüfung einer möglichen Belastung gehört zu den allgemeinen Sorgfaltspflichten. Im vorliegenden Fall wurde weder eine entsprechende Untersuchung veranlasst, noch der Bauherr auf die Problematik hingewiesen. Damit liegt eine mangelhafte Architektenleistung vor – insbesondere, da die nachgewiesene Kampfmittelfreiheit eine zwingende Voraussetzung für den Baubeginn war. Die Einwände des AN ließ das Gericht nicht gelten: Die Kampfmittelüberprüfung stellt keine besondere Leistung im Sinne der „Standortanalyse“ dar, bei der es um betriebswirtschaftliche Aspekte der Grundstücksauswahl geht. Auch dass sich die Baugenehmigung nicht zu etwaigen Kampfmitteln äußert, ist unbeachtlich – denn im vereinfachten Genehmigungsverfahren ist eine solche Prüfung nicht vorgesehen. Schließlich lässt sich auch aus dem Baugrundgutachten nichts Gegenteiliges ableiten, da dieses ausschließlich auf den Baugrundaufbau und die bodenmechanischen Eigenschaften abzielt.
Praxistipp:
Die Kampfmittelsondierung ist kein Detailthema, sondern ein regelmäßig zu prüfender Aspekt jeder Bauplanung. Da es bundesweit keine einheitlichen Vorgaben gibt, ist besondere Aufmerksamkeit auf die länderspezifischen Regelungen zu richten. Einen hilfreichen Überblick über die Verfahrensweisen in den jeweiligen Bundesländern bietet die (verlinkte) Darstellung des Bundesministeriums der Verteidigung.