Vorsicht: Bei der Verletzung beruflicher Kardinalpflichten kann der Versicherungsschutz versagt werden!
| Dr. Wolfgang Schindler (FA für Bau- und Architektenrecht) | News
OLG Köln, Beschluss vom 10.08.2023 – 9 U 241/22
Sachverhalt:
Ein beauftragter Architekt (AN) stellt im Zuge der Sanierung eines 60er-Jahre Wohnhauses anlässlich einer Bestandsaufnahme Feuchtigkeitsschäden fest. Der Bauherr (AG) lehnt die vorgeschlagenen Abdichtungsmaßnahmen ab. Der Architekt unterlässt es jedoch, den Bauherrn darauf hinzuweisen, dass der Verzicht auf diese Maßnahmen zu erheblichen Folgeschäden führen wird. Als später massive Feuchtigkeits- und Schimmelschäden auftreten, verlangt der AG vom Berufshaftpflichtversicherer des insolventen AN Schadensersatz.
Urteil:
Zu Unrecht! Obwohl die Darlegungs- und Beweislast grundsätzlich beim Versicherer liegt, kann eine wissentliche Pflichtverletzung indiziert sein, wenn elementare Berufspflichten verletzt werden. Entscheidend ist, ob das Kennenmüssen der Pflicht nach allgemeiner planerischer Lebenserfahrung vorauszusetzen ist. Verhält sich ein Architekt jedoch bewusst pflichtwidrig, entfällt der Versicherungsschutz. Bei einem 40 Jahre alten Gebäude gehört die Überprüfung der vorhandenen Abdichtung und die vollständige Aufklärung des Bauherrn zu den beruflichen Kardinalpflichten - insbesondere, wenn Feuchtigkeitsschäden bereits festgestellt wurden. Werden solche elementare Berufspflichten bewusst verletzt, darf Versicherungsschutz versagt werden.
Praxistipp:
Es ist ratsam, den AG im Zweifel lieber einmal mehr als einmal zu wenig aufzuklären und diese Aufklärung sorgfältig zu dokumentieren.